Ich präsentiere hier stolz mein bislang bestes Foto. Zumindest rein subjektiv gesehen. Und meine Meinung ändert sich auch alle 2 Tage. Aber im Moment gefällt es mir sehr, sehr gut. Und es ist auch verbunden mit einer spannenden und herausfordernden Erfahrung: meine erste Gletscherbesteigung!
Die Geschichte hat eine kleine Vorgeschichte. Vier Tage lang bin ich durch die Cordillera Real, eine Gebirgskette nördlich von La Paz, gewandert. Ich war auf mehreren Gipfeln und bewegte mich ständig zwischen 4500 und 5700 Meter. Von überall war dieser wunderschöne Gipfel des Huayna Potosí sichtbar. Und mit jedem Anblick verfestigte sich ein Gedanke: ich muss da hoch. Ich hatte bis dahin keinerlei Erfahrung im richtigen Bergsteigen. Null Erfahrung im Umgang mit Steigeisen und Eispickel. Ich war noch nie zuvor jemals auf einem Gletscher. Dieser Huayna Potosí – was in der indigenen Sprache Aymara soviel wie “junger Berg” bedeutet – er war fällig. Ich musste da hoch. So fand ich mich also nach einem Ruhetag in La Paz im Basecamp auf ca. 4500m wieder. Am Nachmittag stand zunächst Eiskletter-Training auf dem Plan – für den Fall der Fälle. Und Gespräche mit Bergsteigern, die gerade vom Gipfel zurückkamen. Oder die es zumindest versuchten. Viele mussten abbrechen, umkehren, zurück ins Bett. Zu anstrengend, die Luft zu dünn, Übelkeit, höhenkrank. Sehr aufbauend.
Nach einer unruhigen Nacht starteten wir am nächsten Vormittag einen schweißtreibenden Aufstieg mit dem ganzen Equipment auf dem Rücken zum Highcamp auf ca. 5100 Meter. Ungefähr 20 Mannen und Frauen waren dort versammelt, alle höchst gewillt gegen 01:00 Uhr nachts den Gipfelsturm zu starten. Für einige sollte das nichts werden. Die Höhenkrankheit. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Sie waren nicht genügend akklimatisiert. Das Frauenklo hat angeblich ausgesehen, “als hätte es ein Mädchen darin einfach zerissen”. Überall Kotze- und Durchfallspuren. Nicht schön. Mir ging es Gott sei Dank gut und aufs Frauenklo musste ich ja auch nicht.
Als letztes der fitten Teams starteten wir gegen 01:30 den Aufstieg. Zwei unerfahrene Bayern und ein erfahrener Guide. Es war stockdunkel und eiskalt. Die Stirnlampe machte gerade genügend Licht, um zu sehen wo man hin tritt. Die ersten 45 Minuten ging es über Felsen. Danach wurden die Steigeisen angeschnallt, zusätzliche Handschuhe angezogen und das Seil angebunden. Nur für den Fall der Fälle. Denn Gletscherspalten gab es genug. Breite und tiefe. Sehr tiefe. Sieht man Gott sei Dank erst beim Runtergehen. Die Dunkelheit hat auch ihre Vorteile. Der Rest ist schnell erzählt. Wir waren einigermaßen flott unterwegs, kämpften uns Meter um Meter nach oben. Mal eher flach und gemütlich, mal eher steil und mit Eisaxt. Hauptsache tief und gleichmäßig atmen. Und immer wieder etwas Schocki naschen. Der Zucker soll die Atemwege offen halten. Wurde mir zumindest erzählt. Als erstes Team erreichten wir kurz vor Sonnenaufgang den Gipfel. Ein schmaler, eisiger Streifen, auf einer Seite geht es fast senkrecht nach unten. 6088m über Normalnull. Das sind mehr als 6000 Meter. Ich hatte gerade einen 6000er bestiegen. Das realisiert man dort oben gar nicht wirklich. Der Ausblick war Wahnsinn. Die Lichter von La Paz glitzerten in der Ferne, die Sonne kämpfte sich langsam nach oben. Noch schöner war für mich aber der Abstieg. Die sanfte Morgensonne brachte den Schnee und das Eis zum Leuchten. Die Ausblicke auf die umliegenden Bergen waren gigantisch. Ich könnte hier hunderte Fotos herzeigen. Aber es gibt dieses eine Foto, das die Schönheit von Schnee, Bergen und schroffen Felsen für mich perfekt wiederspiegelt. Es ist das hier: