Die Mongolei, ein Land mit einem Pferd-zu-Mensch-Verhältnis von 13:1. Nirgends sonst habe ich bisher von so vielen lustig-seltsamen Brauchtümern und Gepflogenheiten gehört. Kleines Beispiel gefällig? Wenn man eine Familie besucht, gehört es zum guten Ton, am Penis des Nachwuchses zu reiben und danach an seinen Fingern zu riechen. Jedes Mal, wenn ich das erzähle spielt bei mir wieder das Kopfkino, das mit einer einzigen Frage endet: WARUM?
Noch eine Kostprobe? Wenn ein Kind krank ist, gibt es ein Allheilmittel. Es ist ein Getränk, nämlich – und jetzt Achtung – die Pipi der Mutter! Da frag ich mich: warum tut’s nicht die vom Papa auch? Aber die werden es schon wissen, die Mongolen. Man darf da ja auch nicht alle über einen Kamm scheren, es gibt da durchaus regionale Unterschiede. Was aber wohl allen Mongolen gemein ist, ist die Vorliebe für ein weiteres leckeres Getränk: fermentierte Stutenmilch. Kein Mongolei-Besuch ist komplett, bevor man sie probiert hat. Wobei man ohnehin nicht drum herum kommt. Und man wünscht sich danach, man hätte sie nie probiert. Ich zumindest. Für mich schmeckt sie – auf gut bayrisch ausgedrückt – wie “frisch gspiem”. Erbrochen ist glaube ich der richtige hochdeutsche Ausdruck.
Irgendwie lässt mich gerade das Thema trinken nicht los. Ihr seht schon, ich bin da etwas geschädigt. Also noch ein weiterer lustiger Brauch, den ich miterleben durfte. Eines Abends bin ich in einer freundlichen Runde in einer Jurte eines mongolischen Nomaden gesessen. Es gab hervorragendes Pferde- und Yakfleisch, das stilecht mit den Händen gegessen wurde. Danach kreiste nach guter Tradition das Schnapsglas. Das Stamperl wird vollgemacht, die erste Person in der Runde steckt ein, zwei Finger in das Glas und spritzt etwas Schnaps auf den Boden. Dann nimmt sie einen kleinen Schluck und reicht das Glas weiter. Man kann sich gut vorstellen: je weiter hinten man in der Runde sitzt, desto größer ist der Fettfilm im Schnapsglas von den ganzen Fleischfingern, die nach dem Essen natürlich nicht gewaschen wurden. Das Prozedere geht dann solange, bis die Flasche leer ist. Dazu nimmt man gerne die eine oder andere Prise Schnupftabak und spielt Shagai. Das ist ein mongolisches Würfelspiel, wobei die “Würfel” aus Schafknochen bestehen. Mit so einem Würfelset kann man über 100 verschiedene Spielvarianten spielen – Pferderennen zum Beispiel.
In der Mongolei gibt es übrigens einen riesigen Götter- und Geisterkult – der Schamanismus. An vielen Straßen sieht man sogenannte Oboo. Das sind Steinhaufen. Jeder, der dort ein Gebet spricht, legt einen Stein dazu. Auch der Lamaismus ist weit verbreitet. Den Unterschied zum Schamanismus habe ich nie ganz verstanden. Und dann gibt es ja auch noch den Buddhismus, dessen Verbreitung in der Mongolei mit 50-96% angegeben wird. Die Mongolen sind sich also selbst nicht so ganz genau im Klaren darüber, an was sie glauben. Ich kann deshalb auch nicht mehr ganz genau zuordnen, welchem Glauben das Konstrukt auf dem Foto weiter unten zuzuordnen ist. Götter und Geister sind jedenfalls überall präsent. Auch in den abgelegensten Winkeln der mongolischen Steppe.
Ein Besuch der Mongolei ist in jedem Fall sehr interessant und empfehlenswert. Besonders im Winter, wenn Wasserfälle zufrieren und die Steppe mit Schnee bedeckt ist. Jede Menge Natur und Tiere ist allemal garantiert. Man sieht wilde Pferde, wilde Yaks, Hirsche, Nomaden, die jede Jahreszeit ihr Quartier wechseln, Hunde, die verendete Kuhkadaver naschen, und jede Menge Geier. Diese Geier sind übrigens sehr intelligent. In der Wüste Gobi sammeln sie zum Beispiel Knochen und werfen sie über dem Gebirge ab, damit sie zerbrechen. So machen sie Knochen zu Futter.
So, genug klug geschissen, eine letzte skurrile Geschichte habe ich noch. Für dreijährige Kinder gibt es eine große Party. Aber wenn bei uns Topfschlagen gespielt wird, müssen die armen Dreijährigen in der Mongolei still sitzen. Jeder Partygast darf dem Kleinen eine Haarsträhne abschneiden. Solange, bis der Kopf kahl ist. Schöne Bescherung…